Der deutsche Arbeitsmarkt ist von einem dualen System geprägt: dem Tarifvertrag und dem Einzelarbeitsvertrag. Für Sie als Arbeitgeber ist das Verständnis der Hierarchie zwischen diesen beiden Verträgen nicht nur wichtig, sondern essenziell, um rechtliche Risiken zu vermeiden. Der Kern der Beziehung ist, dass der Tarifvertrag über dem Einzelarbeitsvertrag steht.
Ein Tarifvertrag ist ein schriftlicher Vertrag zwischen einer Gewerkschaft (für die Arbeitnehmerseite) und einem Arbeitgeberverband oder einem einzelnen Unternehmen (für die Arbeitgeberseite). Er regelt die allgemeinen Arbeitsbedingungen für eine ganze Branche oder ein spezifisches Unternehmen. Die wichtigsten Inhalte sind Gehälter, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche und Kündigungsfristen.
Die Bindung an einen Tarifvertrag, die Tarifbindung, entsteht, wenn Ihr Unternehmen Mitglied in einem Arbeitgeberverband ist, der den Vertrag abgeschlossen hat, und der Mitarbeiter Gewerkschaftsmitglied ist. Einige Tarifverträge werden auch für allgemeinverbindlich erklärt und gelten dann für alle Unternehmen in einer Branche, unabhängig von der Verbandsmitgliedschaft.
Das Günstigkeitsprinzip ist die entscheidende Regel. Es besagt, dass ein Einzelarbeitsvertrag nur dann von einem Tarifvertrag abweichen darf, wenn die Regelung für den Arbeitnehmer günstiger ist.
Beispiel: Wenn der Tarifvertrag einen Urlaubsanspruch von 28 Tagen vorsieht, können Sie im Einzelarbeitsvertrag 30 Tage anbieten. Sie dürfen aber auf keinen Fall nur 25 Tage Urlaub gewähren, da dies eine Schlechterstellung wäre.
Dieses Prinzip schützt den Arbeitnehmer und sorgt dafür, dass die tariflich festgelegten Mindeststandards nicht unterschritten werden.
Rechtssicherheit: Ein Tarifvertrag bietet Ihnen als Arbeitgeber ein hohes Mass an Rechtssicherheit, da er viele Standards (Gehaltstabellen, Arbeitszeiten etc.) festlegt und so aufwendige Einzelverhandlungen vermeidet.
Korrekt anwenden: Überprüfen Sie vor Abschluss jedes Einzelarbeitsvertrags, ob Sie an einen Tarifvertrag gebunden sind. Vergleichen Sie dann sorgfältig die Konditionen des Einzelvertrags mit denen des Tarifvertrags, um Verstösse gegen das Günstigkeitsprinzip zu vermeiden.
Komplexität: Die Anwendung und Interpretation von Tarifverträgen kann komplex sein. Bei Unklarheiten ist die Beratung durch einen Arbeitsrechtsanwalt oder Ihren Arbeitgeberverband ratsam, um hohe Nachzahlungen oder rechtliche Auseinandersetzungen zu verhindern.
Ein klarer Fokus auf die Hierarchie von Tarifvertrag und Einzelarbeitsvertrag ist entscheidend für Ihre Rolle als Arbeitgeber in Deutschland. Das Günstigkeitsprinzip garantiert, dass tarifvertragliche Bestimmungen als Untergrenze gelten. Das Verständnis dieser Regel schützt nicht nur Ihre Mitarbeiter, sondern vor allem auch Ihr Unternehmen vor rechtlichen Konsequenzen.
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