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Lehrer werden in Deutschland: Ein Blick hinter die Kulissen


Wenn man in Deutschland über den Lehrerberuf spricht, fallen oft schnell die gleichen Schlagworte: lange Sommerferien, ein sicherer Arbeitsplatz und ein gutes Gehalt. Doch die Realität hinter der Schultür ist komplexer, anspruchsvoller und weitaus facettenreicher, als es die gängigen Klischees vermuten lassen. Der Weg ins Klassenzimmer ist lang und erfordert mehr als nur Fachwissen. Er ist ein intensiver Prozess, der Disziplin, Leidenschaft und die Bereitschaft erfordert, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dieser Artikel gibt einen detaillierten Einblick in die verschiedenen Phasen der Ausbildung und beleuchtet den anspruchsvollen, aber auch erfüllenden Alltag hinter den Kulissen.

Der lange Weg: Studium und Fächerwahl


Der erste Schritt, um Lehrer zu werden, beginnt an der Universität. Die Ausbildung folgt einem festen Schema, das sich aus zwei wesentlichen Säulen zusammensetzt. Zuerst steht die Wahl der Schulform – ob Grundschule, Haupt- und Realschule, Gymnasium oder Berufsschule. Diese Entscheidung bestimmt die Struktur des gesamten Studiums. Anschließend wählt man in der Regel zwei Unterrichtsfächer, wie Mathematik und Physik, Deutsch und Geschichte oder Englisch und Sport. Diese Fächer werden intensiv studiert, um ein tiefes fachliches Wissen aufzubauen, das weit über den Schulstoff hinausgeht.

Gleichzeitig ist das Studium der Erziehungswissenschaften ein zentraler Bestandteil der Ausbildung. Hier lernen die zukünftigen Lehrer die psychologischen, pädagogischen und soziologischen Grundlagen des Lehrens und Lernens. Es geht um die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, um Unterrichtsmethoden, um die Beurteilung von Leistungen und um den Umgang mit unterschiedlichen Lerngruppen. Dieses theoretische Wissen wird durch verschiedene Praktikaergänzt, die den Studierenden erste Einblicke in den Schulalltag gewähren. Hier werden sie mit der realen Dynamik eines Klassenzimmers konfrontiert, planen erste eigene Unterrichtsstunden und sammeln wertvolle Erfahrungen. Das Studium schließt in der Regel mit einem Bachelor of Arts oder Science ab, gefolgt von einem Master of Education, der die pädagogische Qualifikation vertieft. Dieser akademische Teil ist die Grundlage, aber er bereitet nur unzureichend auf die tatsächlichen Herausforderungen im Berufsalltag vor.

Die entscheidende Phase: Das Referendariat


Nach dem Universitätsstudium beginnt die wohl anspruchsvollste und intensivste Phase der Ausbildung: das Referendariat. In den meisten Bundesländern dauert diese Praxisphase zwei Jahre und gilt als Brücke zwischen der Theorie an der Universität und dem selbstständigen Unterrichten. Referendare sind keine Studierenden mehr, sondern angehende Lehrkräfte, die bereits ein Gehalt beziehen und erste eigenständige Aufgaben übernehmen.

Das Referendariat ist durch eine duale Ausbildung gekennzeichnet: Ein Teil der Zeit wird in einem Ausbildungsseminarverbracht, wo pädagogische Themen vertieft und didaktische Konzepte diskutiert werden. Der weitaus größere Teil findet jedoch an einer regulären Schule statt, wo die Referendare von erfahrenen Lehrern betreut und unterrichtet werden. Sie planen ihren Unterricht, unterrichten ihre eigenen Klassen, korrigieren Hausaufgaben und Klassenarbeiten und nehmen an Konferenzen teil. Der Druck ist enorm, da der Unterricht in regelmäßigen Abständen von den Ausbildern (Unterrichtsbesuche) bewertet wird. Der Höhepunkt und gleichzeitig die größte Hürde sind die Lehrproben, bei denen der Referendar eine Stunde vor Prüfern hält, die über seine gesamte Ausbildung entscheiden. Diese Phase fordert den jungen Lehrkräften alles ab: perfekte Unterrichtsplanung, Präsenz vor der Klasse und die Fähigkeit, in jeder Situation zu reagieren. Das Referendariat endet mit dem Zweiten Staatsexamen, das den Referendar zur vollwertigen Lehrkraft macht.

Der Einstieg ins Berufsleben: Anstellung und Beamtenstatus


Nach der erfolgreichen Absolvierung des Referendariats beginnt die Suche nach einer Festanstellung. Da die Bundesländer die Arbeitgeber sind, können die Einstellungschancen je nach Region und Fächerkombination stark variieren. Bundesländer mit Lehrermangel suchen händeringend nach qualifizierten Kräften, während in anderen Regionen die Konkurrenz groß sein kann.

Ein besonderes Merkmal des Lehrerberufs in Deutschland ist der sogenannte Beamtenstatus. Ein Lehrer kann, sofern er die Voraussetzungen erfüllt (unter anderem die deutsche oder EU/EWR-Staatsbürgerschaft und eine gute Gesundheit), als Beamter auf Lebenszeit verbeamtet werden. Dieser Status bietet eine hohe Arbeitsplatzsicherheit, eine gute Altersversorgung und eine private Krankenversicherung. Es gibt jedoch auch eine wachsende Anzahl von Lehrkräften, die als Angestellte eingestellt werden. Sie genießen zwar nicht die gleichen Privilegien, sind aber ebenfalls Teil des öffentlichen Dienstes und haben tarifvertraglich geregelte Arbeitsbedingungen. In Zeiten des Lehrermangels werden auch vermehrt Quereinsteiger eingestellt, die jedoch oft eine verkürzte pädagogische Ausbildung nachholen müssen.

Ein Blick hinter die Kulissen: Alltag, Herausforderungen und Belohnungen


Der Alltag einer Lehrkraft unterscheidet sich stark von der Vorstellung der Öffentlichkeit. Die Arbeitszeit beschränkt sich keineswegs auf die Stunden im Klassenzimmer. Unterrichtsvor- und -nachbereitung nehmen einen Großteil der Zeit in Anspruch – von der Planung der nächsten Unterrichtsstunde bis hin zur Korrektur von Klassenarbeiten und Hausaufgaben. Die vermeintlich langen Ferien dienen oft der Weiterbildung, der Vorbereitung auf das nächste Schuljahr oder dem Aufholen von liegengebliebener Arbeit.

Der Beruf ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Lehrkräfte müssen nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern auch mit veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten umgehen. Sie müssen die Digitalisierung im Klassenzimmer vorantreiben, Inklusion leben und als erste Ansprechpartner bei sozialen und persönlichen Problemen fungieren. Gleichzeitig führt der Lehrermangel oft zu größeren Klassen und einer höheren Belastung. Der Lärmpegel, die Disziplinprobleme und der Druck, die Bildungsstandards zu erfüllen, können psychisch sehr belastend sein.

Doch trotz aller Herausforderungen ist der Beruf auch mit großen Belohnungen verbunden. Das größte Glück für eine Lehrkraft ist es, die Entwicklung der Schüler zu begleiten und zu sehen, wie sie Fortschritte machen. Die Beziehung zu den Schülern, das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und junge Menschen zu formen, ist für viele die größte Motivation. Kein Tag ist wie der andere, und die Interaktion mit den Schülern macht den Beruf zu einem der dynamischsten überhaupt.



Der Beruf des Lehrers in Deutschland ist ein anspruchsvoller, aber auch enorm wichtiger und erfüllender Beruf. Der Weg dorthin ist lang und erfordert ein hohes Maß an Engagement und Durchhaltevermögen. Er verlangt nach fachlicher Expertise, pädagogischem Geschick und der Fähigkeit, sich täglich neuen Herausforderungen zu stellen. Abseits der Klischees ist es ein Beruf, der nicht nur Fachwissen vermittelt, sondern auch Werte, und der die Zukunft unserer Gesellschaft aktiv mitgestaltet.