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Arbeitszeugnis: Wie man es richtig liest und deutet


Das Arbeitszeugnis ist ein zentraler und oft unterschätzter Bestandteil Ihrer Bewerbungsunterlagen. Es ist mehr als nur eine einfache Auflistung von Aufgaben; es ist ein verschlüsselter Code, der potenziellen neuen Arbeitgebern einen detaillierten Einblick in Ihre Leistung, Ihr Verhalten und Ihre Arbeitsmoral gibt.

Wer diesen Code nicht versteht, läuft Gefahr, die wahre Botschaft zu übersehen. Dieser Artikel ist Ihr Leitfaden, um die versteckten Bedeutungen im Arbeitszeugnis zu entschlüsseln und zu erkennen, ob Sie ein gutes oder ein schlechtes Zeugnis in den Händen halten.


1. Die Grundlagen: Aufbau und rechtliche Anforderungen

Das deutsche Arbeitsrecht verpflichtet Arbeitgeber, auf Wunsch des Arbeitnehmers ein qualifiziertes Arbeitszeugnisauszustellen. Dieses muss zwei Kriterien erfüllen: Es muss wahrheitsgemäß und wohlwollend sein.

Genau aus dieser Zwickmühle – die Wahrheit neutral, aber wohlwollend zu formulieren – ist der „Geheimcode“ entstanden. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält in der Regel die folgenden Punkte:

  • Name und Geburtsdatum

  • Art und Dauer der Beschäftigung

  • Beschreibung der Aufgaben

  • Beurteilung der Leistung und des Sozialverhaltens

  • Grund für das Ausscheiden

  • Schlussformel (Bedauern und Zukunftswünsche)


2. Der "Geheimcode": Das Notensystem

Die Leistungsbeurteilung ist der Kern des Zeugnisses. Sie wird durch bestimmte Formulierungen ausgedrückt, die sich in ein Notensystem übersetzen lassen:

  • Note 1 (Sehr gut):

    • Leistung: „...erledigte die Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit.“

    • Sozialverhalten: „...war aufgrund seiner/ihrer freundlichen Art bei Vorgesetzten und Kollegen stets sehr geschätzt.“

  • Note 2 (Gut):

    • Leistung: „...erledigte die Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“

    • Sozialverhalten: „...war bei Vorgesetzten und Kollegen stets geschätzt.“

  • Note 3 (Befriedigend):

    • Leistung: „...erledigte die Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit.“

    • Sozialverhalten: „...hatte ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen.“

  • Note 4 (Ausreichend):

    • Leistung: „...erledigte die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit.“

    • Sozialverhalten: „...hat sich bemüht, mit Kollegen auszukommen.“


3. Die roten Flaggen: Worauf Sie besonders achten müssen

Manche Formulierungen sind deutliche Warnsignale, die auf eine negative Beurteilung hindeuten:

  • Die Bedauernsformel fehlt: Die Schlussformel sollte Sätze wie „Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden außerordentlich...“ enthalten. Fehlt dieser Satz, ist es ein starkes Signal, dass das Unternehmen froh über Ihren Weggang war.

  • Fehlende Zukunftswünsche: Sätze wie „Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft alles Gute“ sind Standard. Fehlen sie, ist das ein schlechtes Zeichen.

  • Überzogene Betonung von Selbstverständlichkeiten: Formulierungen wie „Er/Sie bemühte sich stets, die Aufgaben zu erledigen“ bedeuten, dass die Person die Aufgabe nie wirklich gut erledigt hat.

  • Der Fokus liegt auf Unwichtigem: Sätze wie „Er/Sie war ein geselliger Kollege und wurde bei den Betriebsfesten sehr geschätzt“ können darauf hindeuten, dass derjenige seine soziale Rolle wichtiger nahm als die Arbeit.

  • Das Fehlen wichtiger Punkte: Wenn wichtige Fähigkeiten oder Verantwortlichkeiten nicht erwähnt werden, kann das bedeuten, dass der Arbeitgeber sie nicht positiv bewerten konnte.


4. Was tun bei einem schlechten Zeugnis?

Wenn Sie ein schlechtes Zeugnis erhalten, müssen Sie es nicht einfach akzeptieren.

  • Sprechen Sie mit Ihrem Ex-Arbeitgeber: Weisen Sie freundlich darauf hin, dass Sie das Zeugnis als nicht wohlwollend empfinden und bitten Sie um eine Korrektur.

  • Rechtliche Schritte: Wenn der Arbeitgeber sich weigert, haben Sie einen rechtlichen Anspruch auf eine Korrektur.

  • Strategisch bewerben: Ein schlechtes Zeugnis ist kein Todesurteil. Ein guter Lebenslauf, starke Referenzen von anderen Kontakten und eine überzeugende Performance im Bewerbungsgespräch können ein schlechtes Zeugnis relativieren. Auf MyJobsi.de finden Sie Unternehmen, die sich auf den Gesamteindruck und das persönliche Gespräch konzentrieren, nicht nur auf ein einzelnes Dokument.



Ein Arbeitszeugnis ist ein wertvolles Dokument, das Sie sorgfältig auf seine wahre Bedeutung prüfen sollten. Mit dem Wissen um den „Geheimcode“ können Sie nicht nur besser einschätzen, wie Sie bei Ihrem letzten Arbeitgeber dastanden, sondern auch, was Sie potenziellen neuen Arbeitgebern mitteilen.